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20 Jahre Missionsstation in Fushë-Arrëz
in Nordalbanien

1995 bis 2015

von Claudia und Dr. Peter Pötzsch

 

Am 23.April treffen wir in Fushë-Arrëz Sr. Bernadette, Sr. Gratias, Pater Andreas. Und neu hinzugekommen Sr. Martina von der Franziskaner-Ordensgemeinschaft von Ravensburg. Die Schwestern brauchen ja unbedingt Nachwuchs. Der Bischof drängt darauf. Jetzt hoffen Sr. Bernadette und Sr. Gratias, dass vielleicht noch eine Novizin ihre Arbeit in der Station unterstützen kann. Die Missionsbeauftragte der Franziskanerinnen, Sr. Tanja vom Bodensee ist ebenfalls da. Zur Begutachtung, denn Hilfe wird in vielen Missionen erhofft. Brasilien, Afrika usw. Ihre Miene ist kritisch, denn ihr Mutterhaus, Kloster Siessen, macht ja damit eine neue Baustelle auf.

Sr. Martina ist jedenfalls eine große Bereicherung. Ausgebildete Krankenschwester und Elektromeisterin, sehr kompetent. Mit fliegendem Schleier, in der Hand den Laptop, rennt sie über den Hof. Sie kann alles, nur noch nicht genügend albanisch, was unbedingt erforderlich ist. Wenn man die Sprache nicht ganz genau versteht, wird man über den Tisch gezogen. Da kommen plötzlich Geldforderungen, die auf keinerlei Rechtsgrundlage beruhen. Man versucht es eben, den Schwestern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Der Wasserwerksdirektor hat die Wasserkosten immens erhöht. Der Direktor des Stromwerks hat die Kosten für den Strom um das Dreifache erhöht. Es wird in die eigene Tasche gewirtschaftet. Machen kann man nichts, nicht mal die Schwestern. Ein 16jähriges Mädchen kommt ins Gefängnis, weil sie die abgeklemmten Stromkabel wieder zusammensteckt. Bei Zahlungsrückstand wird der Strom eben einfach abgestellt, aber die Monatsrechnung läuft weiter. Um Wasser und Strom zu bezahlen, müssen die Leute u.U. ihren Hof, ihre Tiere verkaufen. Sie rutschen in die absolute Armut. Die sog. Waldpolizei legt - so munkelt man – die Brände selbst, um anschließend Geld für nur angeblich durchgeführte und nun zerstörte Wiederaufforstung zu kassieren.

Mit an unserem Tisch sitzen außerdem zwei Leute von „Haßfurt hilft“, Walter Becker, ein Allgemeinarzt, und Doris Fery, die sich komplett um die Babyerstausstattung für die von Sr. Bernadette angebotenen Schwangerschaftskurse kümmert.

Drei Leute aus Mindelheim, der ehemalige Vorstand der Albanienhilfe Reginald Reichert, Allgemeinarzt Dr. Steber und die Schwester von Bernadette, Hildegard, sind eingetroffen zusammen mit uns. Dazu kommt später noch Vera, die Abteilungsleiterin der deutschen Botschaft in Tirana, die gerade ein Antikorruptionsseminar hält. Einige Schwestern anderer Ordensgemeinschaften, Priester und Seminaristen sowie etliche Österreicher von der Caritas, ora international und anderen Spendenorganisationen kommen so nach und nach dazu.

Das Gästehaus der Missionsstation ist inzwischen gut ausgebaut. Wir kommen alle in diesem Haus unter.

Am darauffolgenden Freitag nimmt sich Sr. Bernadette für uns Zeit, um nach Kruje zu fahren, wo die Reste der Burg des Nationalhelden stehen, Skanderbeg, der im 15. Jh. die Türken besiegte.

Groß und mächtig steht das Skanderbeg-Museum da, von Enver Hoxhas Tochter errichtet, unglaublich geschmacklos, aber eben zu diesem Tyrannen passend. Ein ethnografisches Museum schließt sich an. So lebten die Albaner vor etwa 200 Jahren. Ihre Handwerkskunst und ihr Leben werden gezeigt, in dem Frauen nur eine untergeordnete Rolle spielten. Durch ein Guckfenster oben im Salon konnten sie ihren Pascha und seine Gäste besichtigen und deren Aufträge entgegennehmen.

In Kruje gibt es einen attraktiven Basar, wo wir z.B. aus Schafwolle gefilzte Hüte, Schuhe, Decken, Schmuck bewundern und kaufen konnten.

Auf dem Rückweg nach Fushë-Arrëz kehren wir noch bei Don Giovanni ein, einem Pater, der den Albanern Arbeit gibt. Beeren, Pilze, Kräuter, Raki, Früchte, Honig und auch Schweine aus eigener Zucht werden zu Marmeladen, Schnaps, Tees, Säften und Salami verarbeitet. Jeder von uns bekommt ein Glas in Raki eingelegter Kirschen geschenkt. Leider hat Don Giovanni noch kein Zertifikat für den Export in die EU, obwohl seine Salami besser schmeckt als die italienische.

Am nächsten Morgen beschließen wir, in ein abgelegenes Bergdorf zu fahren, um eine sehr arme Familie zu besuchen. Sechs Kinder, davon zuletzt Zwillingsmädchen, für die dringend eine Spenderfamilie gesucht wird. Doris Fery aus Haßfurt vermittelt eine Patenschaft für das schwächere Mädchen, bei dem wohl bald auch Kosten für die Operation einer Steißbeinfistel anstehen werden.

Wider Erwarten erscheint auch der Vater dieser Kinder. Meistens sitzt er im Gefängnis, kaum zuhause, schlägt er seine Frau dann wieder krankenhausreif. Plötzlich ist er da, grinst, riecht stark nach Alkohol, mit einer Tüte Red-Bull-Dosen in der Hand. Er möchte natürlich nach Gjermani, um seine Kinder ernähren zu können. So sagt er jedenfalls. Bis jetzt hat für diese Kinder nur seine 47-Jährige Frau gearbeitet. In diesem Alter bekam sie die Zwillinge. Es gibt keine Küche, kein Bad, keine Waschmaschine. Wäschewaschen an der Quelle, Brotbacken im Hof.

Zum Überleben müssen die Spenden der Schwestern reichen, ein Gemüsegarten, ein Schwein und Ziegen. Zehn Zicklein , eingesperrt im Verschlag, schreien nach ihren Müttern, die alleine auf der Weide sind. Kleine Zicklein werden sonst vom Adler geholt. Es gibt auch viele Wolfsattacken. Wachhunde haben deshalb ein Dornenhalsband um. Aber auch ganz professionelle Diebe kommen mit dem LKW und laden die Tiere auf. Deshalb werden die mageren Kühe immer gut bewacht. Auch Sr. Bernadette hat Kuhhirtinnen.

Junge Männer, oft als kriminell bekannt, bekamen in Deutschland Asyl. Sie benutzen die drohende Blutrache als Asylgrund. Meistens erlogen. Gott sei Dank bekommt die Missionsstation jetzt eine Alarmanlage gespendet, dringend nötig.

Auf unserem Heimweg kommen wir auch an einer Kirche vorbei. Sr. Bernadette erzählt die Geschichte des Pfarrers, der auch mal mit Raki getauft hat, als kein Weihwasser zur Hand war. Leider schrieb er aber die Namen nicht ins Taufbuch, so dass die Schwestern nicht wissen, wer wirklich getauft ist.

Anschließend besuchen wir die Familie von Erjona mit ihrem blinden Vater. Vier Kinder hat die Familie, die auch mit Spenden unterstützt wird. Der Vater litt unter einer Netzhautablösung, für deren Behandlung er einst in Moskau viel Geld bezahlt hat. Noch jetzt trägt er mühsam diese Schulden ab. Er wurde behandelt, ohne Erfolg, dann abkassiert und ohne Erklärung plötzlich schnell abgeschoben, so erzählt er. Während wir mit Raki und Schafskäse bewirtet werden, entkommt ein Bienenschwarm. Die Kinder klappern mit Steinen, um das neue wertvolle Volk in einen neuen Bienenstock zu führen. Schwierig. Man stößt mit Raki an. Der Trinkspruch lautet hier „Gelobt sei Jesus Christus“.

Am Nachmittag besuchen wir zwei schwerstbehinderte Mädchen im Alter von fünf und neun Jahren. Beide liegen vor uns auf zwei Matratzen in der Wohnstube. Bei beiden trat einige Wochen nach der Geburt die Behinderung auf, eine Epilepsie, vielleicht durch eine Infektion des Gehirns verursacht, spastisch gelähmt. Die Jüngere lag zuletzt wochenlang im Koma im Krankenhaus. Jetzt liegt sie wie leblos vor uns nach einem Krampfanfall. Die Ältere der beiden hat eine Magensonde, da sie nicht mehr schlucken kann. Die Sondennahrung, Pampers, Autositz usw. werden schon seit einiger Zeit von uns übernommen über zwei Patenschaften. Der Vater, ein typischer albanischer Macho, kräftig, breitschultrig, die Mutter verhärmt, dünn mit großen Schatten unter den Augen. 30 Jahre ist sie, das hübsche Gesicht durchsichtig, schmächtig. Schmerzen in den Schultern vom Tragen der bewegungsunfähigen Kinder. Wir stehen fassungslos und traurig vor diesen Mädchen. Raki wird im Wasserglas gereicht.

Dabei wird die Bitte formuliert: Wir möchten noch ein gesundes Kind. Wir möchten nach Deutschland, das Land, von dem sich hier alle Hilfe erhoffen. Dort eine In-vitro-Fertilisation mit Testung, ob ein weiteres Kind wieder behindert wäre. Dabei hat diese Familie schon eine Unmenge Geld investiert in eine Gen- Analyse. Ein großer Aktenkoffer wird uns gebracht mit vielen, teils unsinnigen Untersuchungsbefunden aus Italien. Wenn diese Frau keinen gesunden Jungen zur Welt bringt, dann hat sie Angst, dass der Mann sie verlässt. Unsere Ärzte studieren die Befunde, schwierig in allen Sprachen. Wenig Hoffnung lesen die Eltern von unseren Gesichtern ab. Ich bekomme ein Häkeldeckchen überreicht mit einer großen Bitte und auch einem Dankeschön im Gesicht der Eltern.

Der nächste Hausbesuch führt über Stock und Stein mit Sr. Bernadette in ihrem Jeep. Eine junge Familie mit drei Kindern öffnet. Keinerlei Sozialhilfe. Der junge Vater arbeitslos, Analphabet und arbeitsunfähig nach einem Bandscheibenprolaps. Alle zusammen leben sie in einem Zimmer. Ein kleiner Gang davor. Zwei dünne Matratzen lehnen an der Wand hinter den Kinderbetten, die werden nachts auf den Boden gelegt. Darauf schläft der rückenkranke Mann und seine Frau. Dieser Platzmangel ist nichts Neues in Nordalbanien. Das Haus des Vaters wird unter den Söhnen aufgeteilt. Da bleibt dann eben nur ein Raum pro Sohn.

Das Kaminrohr des Ofens, in dem auch das Brot gebacken wird, wird durch das zerbrochene Fensterglas geleitet. Im Winter wird dieses Loch ausgestopft.

Eine Kuh dient der ganzen Familie zur Ernährung. Nur 3-4 Liter Milch gibt sie am Tag. Trotzdem bietet uns der junge Vater Milch oder Joghurt an. Etwas anderes hat er nicht.

Reginald verliebt sich in die kleine drei Monate alte Engji. Sie wird sein Patenkind. Wir sind glücklich darüber, etwas tun zu können. Eine weitere Familie aus Kiefersfelden wird das größere 3−Jährige Mädchen unterstützen.

Da erscheint der Großvater, dessen Blutdruck von Bernadette mit Tabletten in der Norm gehalten wird. Unbedingt will er etwas schenken. Er ist den Schwestern ja so dankbar. Kurzentschlossen packt er eine Henne, stopft sie in eine Tüte und legt sie uns in den Jeep zu unseren Füßen. Eine gute Legehenne, die vor Schreck gar nicht mehr gackert.

Auf der Heimfahrt treffen wir zwei weitere Patenkinder. Und auch diese werden von uns fotografiert für die Pateneltern zuhause.

Im Hof der Missionsstation sind inzwischen weitere Jugendliche erschienen. Die Studentin Merita mit Schwester Lindita, beide schon einmal auf Besuch bei uns zu Hause. Wir wollen uns morgen zum Jubiläumsfest treffen, zum 20-Jährigen Bestehen der Missionsstation. Zusammen mit vielen Jugendlichen treffen wir uns am Sonntag in einem westlich aufgemachten Cafe. Ein junger, dünner Priesterseminarist ist auch mit dabei. Er bekommt von den Schwestern keine Unterstützung mehr. Man misstraut ihm. Jetzt studiert er in Rom – von welchem Geld auch immer. Wir können uns kaum unterhalten in einem Mix aus Englisch, Italienisch und Deutsch, denn gleichzeitig ist Bürgermeister-Wahlkampf. Viele Reden über den Lautsprecher mit viel Krach und Musik . Stimmen für den zu wählenden Bürgermeister werden gekauft. Geld fließt, Versprechungen werden gemacht und anschließend wieder vergessen. Die Leute haben ja schon Geld bekommen. Das muss doch reichen.

Und dann am Nachmittag die große Bischofsmesse in der Kirche. Zuerst ein Theaterstück der Jugendlichen „Der Schleier der Heiligen Veronika“. Wir verstehen natürlich nichts, können aber die wunderschönen, bunten Kleider und die lauten Stimmen der Kinder bewundern. Pater Andreas hat dies mit den Jugendlichen eingeübt. Anschließend die Präsentation, d.h. Lichtbilder und ein kurzer Film über die Entstehung der Missionsstation von 1995 an.

Das großartige Auftreten des Bischofs samt einem Stab von 10 Priestern aus den umliegenden Ortschaften folgt. Dabei ist auch Don Ernesto, der 27 Jahre unter der Erde im Bergwerk schmachten musste. Von Enver Hoxha dazu verurteilt, weil er 1963 eine Messe für den erschossenen Kennedy las. Er ist einer der wenigen Priester, die dieses Martyrium überlebten in einem absolut atheistischen Staat. Wer damals ein Kreuzzeichen machte, wurde erschossen, heißt es. Der Chor der Jugendlichen und Kinder in der Kirche erinnert sehr an den Tölzer Knabenchor oder die Regensburger Domspatzen. Herrliche Stimmen, auch in deutscher Sprache. Sr. Gratias am Harmonium, sie fördert die Musikalität, singt und musiziert sehr viel mit den Kindern. Der Bischof hält eine feurige Predigt, laut und kräftig, die vom Dank für die Arbeit der Schwestern handelt. Wir verstehen nicht viel, sind dennoch alle fasziniert. Nach der Messe begrüßt uns der Bischof in gutem Deutsch. Er ist demnächst von Kardinal Lehmann nach Mainz eingeladen. Vor der Kirche wird Musik mit der Shifteli gemacht, einem albanischen Zupfinstrument. Einige Kapuzinermönche tanzen dazu rhythmisch in ihren braunen Kutten. Alles für Sr. Gratias und Sr. Bernadette. Viele Kinder gratulieren lautstark mit Blumen in der Hand.

Das große abschließende Abendessen findet in einem Restaurant statt. Alle Angestellten sind eingeladen, Spendergruppen, Albaner vom Dorf, Priester, Nonnen. Eine ganz bunte Mischung stellt jetzt erst mal Tische und Stühle zusammen. Obwohl angemeldet müssen wir uns unsere Stühle selbst suchen. Das Büffet ist aufgebaut, aber sofort wieder abgeräumt vom Volk. Recht dürftig. Die Küche der Missionsstation ist besser und reichhaltiger. Auffallend zwei Lämmer, frisch geschlachtet, nahezu komplett aufgetischt. Die an den Knochen noch verbliebenen Reste werden von drei Angestellten mit bloßen Händen abgerissen, zusammengekratzt und auf einem Teller nochmal kredenzt.

Mir vergeht der Appetit. Heute Nacht wurden in der Missionsstation zwei Lämmer geboren, sinnigerweise Gratias und Bernadette genannt, die wir samt Mutterschaf ins Herz geschlossen hatten. Gut behütet, auf Heu gebettet, liegen die Lämmchen Gott sei Dank noch im Stall der Missionsstation.

Alle Angestellten, unglaublich für diesen Festakt aufgetakelt, stellen sich nun zum Gruppenfoto auf. In der Hand hält man Bilder in Öl, Aquarell, Kreide und Bleistift hoch, die die beiden Schwestern darstellen. Auch ein Gipsrelief wurde in der Kirche überreicht. Gut gemeint. Aber auf nahezu allen Darstellungen sind die Schwestern nur sehr schlecht und wenig attraktiv getroffen. Wo will man das bloß aufhängen?

Mit Vera, der Botschaftsmitarbeiterin aus Tirana kommen wir in ein sehr gutes Gespräch. Sie ist der Meinung, wenn von 100 ausreisenden Albanern auch nur 10 zurückkämen, so wäre das schon ein Gewinn für Albanien. Vielleicht kann das im Ausland erworbene Wissen etwas verändern im Laufe der Zeit. Aber zunächst verlassen wohl eher Kriminelle und Wirtschaftsflüchtlinge das Land. Bei unserem Hinflug nach Tirana konnten wir beobachten, wie die Polizei zwei Albaner zum Rücktransport in den Flieger verfrachtet hat. So schnell wird nicht Asyl gewährt. Alle drei bis vier Jahre wird das Botschaftspersonal ausgewechselt, um Klüngeleien zu verhindern. Schnell werden hier Freundschaften missbraucht. Man versucht gern, seiner Verwandtschaft einen netten Posten zu verschaffen durch die Bekanntschaft mit der Botschaft.

Am Montag in aller Frühe werden wir von den Schwestern, von Pater Andreas, von einigen Angestellten herzlich verabschiedet. Man hat uns einen sog. Furgon bestellt als Sammeltaxi. Dieser erweist sich aber als Schrottkarre. Zerrissen innen, ohne Federung hinten, kein Tacho, keine Sicherheitsgurte. Und der Fahrer hat eine Rakifahne. Und das bei diesen Straßen. Wir haben es überlebt, vielleicht auch weil Sr. Martina dem Beifahrer Peter noch ein Kreuzzeichen auf die Stirn gezeichnet hat. In diesen vier Tagen in Albanien haben wir so viel erlebt, wie daheim manchmal in vier Wochen nicht!

 

Hier finden Sie einen Filmausschnitt von PUKA-TV über die Jubiläumsfeier in Fushë-Arrëz

http://pukatv.tv/?p=3274

 

Und noch eine Ergänzung von der Haßfurter Delegation, weil die Verfasser dieses Berichts das nicht miterlebt haben:

"Haßfurt hilft" hat vor sechs Wochen eine zahnärztliche Behandlungseinheit beschafft und nach Albanien verfrachtet. Die Schwestern haben uns informiert, dass eine junge Zahnärztin in Puka, der Kreisstadt von Fushë-Arrëz arbeiten möchte. Sie wird vom Staatlichen Gesundheitswesen angestellt, bekommt ein Gehalt von 300 € im Monat, aber um die Ausstattung ihrer Praxis muss sie sich selbst kümmern, der Staat stellt keine Geräte zur Verfügung, geschweige denn das dafür nötige Geld.

Wir haben sie besucht und waren sehr positiv überrascht. Die Behandlungseinheit war nach dieser für albanische Verhältnisse unvorstellbar kurzen Zeit schon voll in Betrieb. Die Zahnärztin ist "Haßfurt hilft" über die Maßen dankbar. Sie zeigt sich sehr engagiert, versucht beispielsweise, hygienische Vorschriften nach Möglichkeit zu befolgen, keine Selbstverständlichkeit unter diesen Bedingungen. Sie ist zuständig für die Kinder von Puka und näherer Umgebung, regelmäßig besucht sie die Schulen, dokumentiert den Zahnstatus und bestellt die Kinder ein, bei denen Behandlungsbedarf besteht. Und sie will darüber hinaus auch die Kinder im Einzugsbereich von Fushë-Arrëz betreuen. Ihr eigentlich dafür zuständiger Kollege ist weniger für seine fachliche Kompetenz bekannt als dafür, dass er selbst während der Behandlung eine qualmende Kippe im Mundwinkel hängen hat. Noch einen Zahnarzt gibt es in Fushë-Arrëz, der macht seine Sache ganz gut, aber er verlangt so viel Schmiergeld, dass nur die Reichen zu ihm können.

Aber wie sieht diese Praxis der jungen Frau in Puka aus! Ein kleines Zimmer, der Fußboden mit drei verschiedenen Fliesensorten belegt, krumm und bucklig, kaum zu reinigen. Ein kleines Heizlüfterchen. Die Wände hat sie selbst neu gestrichen. Der zum Betrieb des Zahnarztstuhl nötige Kompressor mitten im Zimmer, er sollte eigentlich in einem Nebenraum stehen, aber den gibt es halt nicht. Ein Höllenlärm bei der Arbeit an den Kindern. Je ein Zangen- und Elevatoren-Set, nur inkomplett bestückt, d.h., dass nach jeder Behandlung zeitaufwändig sterilisiert werden muss. Verbrauchsmaterial wird vom Staat nur selten geliefert, und dann von so schlechter Qualität, dass die Zahnärztin fast alles vom eigenen Geld beschaffen muss.

Wir haben eine lange Liste mitgebracht. Es gibt noch viel zu tun.